Statements von Dr. Michael Kölmel zum Pressegespräch in Leipzig

10.05.2005

„Meine sehr geehrten Damen und Herren, herzlich willkommen hier im Leipziger Zentralstadion. Wir haben Sie zu diesem Gespräch eingeladen, weil die Entwicklungen der vergangenen Wochen eine ganze Reihe von Fragen mit sich bringen, die wir Ihnen heute gerne – soweit möglich – beantworten möchten. Zum großen Teil haben Sie uns diese Fragen ja auch schon gestellt. Da die Themen auch die Stadt Leipzig betreffen, hatten Herr Tschense und ich ursprünglich geplant, zusammen hier aufzutreten. Unsere beiden Terminkalender ließen jedoch einen gemeinsamen Termin leider nicht zustande kommen. In gewisser Weise als Ersatz dafür trägt die Presseerklärung, die Sie in Ihren Unterlagen finden, unser beider Absender. Und soweit dann noch Fragen offen sind, die die Stadt beantworten muss, werden Sie dort mit Sicherheit auf offene Ohren treffen. Lassen Sie mich zunächst ganz kurz die vergangenen Ereignisse schildern, damit Sie aus erster Hand erfahren, was passiert ist und welche Motive dahinter stehen. Der Bau des Leipziger Zentralstadions war, als wir vor bald fünf Jahren begonnen hatten, eine interessante und spannende unternehmerische Herausforderung, die wir alle sehr gerne angenommen hatten. Mit dem Ergebnis, das heute am Ende eines langen und nicht immer ganz einfachen Prozesses steht (denken Sie nur an die Insolvenz der beiden wichtigsten Bau-Unternehmen während des Baus), bin ich sehr zufrieden. Pünktlich und planmäßig verfügt die Stadt Leipzig über eines der modernsten und attraktivsten deutschen Fußballstadien, das sogar den hohen Anforderungen der FIFA zu einer Fußballweltmeisterschaft zu 100 Prozent gerecht wird. Davon gibt es nur 12 in Deutschland. Auf diese Leistung können alle, die daran mitgewirkt haben, sehr stolz sein. Und ich habe damit auch eines meiner wichtigsten unternehmerischen Ziele erreicht. Ich bin damals im Jahr 2000 als Investor gerne eingesprungen, als die Stadt durch den Rückzug des ersten Investors in Not war, und ich habe der Stadt gegenüber immer wieder betont, dass mein Engagement als Investor nicht auf Lebenszeit bestehen muss und dass ich auch bereit bin, es an einen anderen Investor zu übertragen, wenn es zu einer Lösung kommt, die ökonomisch sinnvoll und für alle Beteiligten vorteilhaft ist. Sie wissen, dass es seit rund einem halben Jahr Verkaufs-Gespräche mit dem Herrn Wagener (Fa. AURIC, Krefeld) gegeben hat. An diesen Gesprächen haben wir kontinuierlich und konstruktiv mitgewirkt; zu Beginn der Gespräche war als erster Termin für einen unterschriftsreifen Vertrag der Jahresbeginn 2005 angedacht, ein Termin, der rechtzeitig vor dem Confederations Cup eine ordentliche Übergabe und damit verbunden eine klare Festlegung der Zuständigkeiten ermöglicht hätte. Beides ist unabdingbare Voraussetzung, will man ein Großprojekt wie den Confederations Cup professionell organisieren, denn alle, die an einem solchen Projekt mitwirken, benötigen Planungssicherheit, verlässliche Ansprechpartner und klare Zuständigkeiten, sonst geht es schief. Der Hauptgrund der Verzögerungen lag insbesondere daran, dass die Forderungen der AURIC gegenüber der Stadt recht hoch lagen; die Zahlen, die diskutiert wurden, sind ja allgemein bekannt. Und eine Einigung schien in angemessener Zeit nicht machbar. Im Ergebnis werde ich nun, wie Sie wissen, das Stadion als Investor weiter behalten und betreiben und damit dafür einstehen, dass alle Planungen auch pünktlich und zuverlässig im Interesse unserer Stadt eingehalten werden. Gespräche mit weiteren Investoren machen deshalb auf absehbare Zeit keinen Sinn. Soviel zur jüngsten Historie. Zu den aktuellen Fragen, die uns alle beschäftigen, gehört auch eine Frage, die, seit ich mich an das Projekt erinnern kann, die Gemüter bewegt, nämlich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit des Stadions. Dazu drei Anmerkungen:
  1. Es ist eine bekannte Erfahrung, dass sich eine Investition nicht im Start-Stadium rechnet, sondern erst sehr viel später. Bei fast allen Investitionen ist die Startphase mit Verlusten verbunden. Das gilt auch für das Leipziger Zentralstadion, nicht zuletzt wegen der äußerst unbefriedigenden Situation der Leipziger Fußball-Vereine.
  2. Das Stadion allein hat einen Grund-Betriebskostenblock von über einer Million Euro im Jahr, egal ob darin gespielt wird oder nicht. Pro Spiel oder Veranstaltung kommen dann weitere Betriebskosten für Energie, Personal, Reinigung etc. dazu. Wir haben daher dafür, dass der FC Sachsen im großen Leipziger Zentralstadion vor leider zu wenig Publikum spielen darf, erhebliche Unterdeckungen.
  3. Um trotzdem das Stadion professionell für den Leipziger Fußball - und die Sportwelt, die auf Leipzig schaut - zu betreiben, sollten die Grund-Betriebskosten des Stadions zwischen dem Investor und der öffentlichen Hand gerecht aufgeteilt sein. Das sieht die Stadt vom Grundsatz her genauso. Der Stand der Dinge dabei ist: Wir befinden uns derzeit in intensiven Gesprächen darüber, wie hoch der Betreiberzuschuss künftig für das Sportforum aussehen soll. Mit Sicherheit werden wir mit weniger als der von Herrn Wagener geforderten Summe auskommen. Wie der Zuschuss künftig genau aussehen wird, werden wir Ihnen jedoch erst berichten können, wenn alle Verhandlungen abgeschlossen sind und auch der Stadtrat dem Ergebnis, so wie es sich gehört, dann zugestimmt hat. In dieser Frage müssen Sie sich also noch etwas gedulden und dafür bitte ich um Verständnis.
  4. Ein bedeutender Beitrag der Stadion-Betriebsfinanzierung kann und soll die Verwertung der Namensrechte für das gesamte Sportforum (Stadion & Arena) bringen, die nunmehr in enger Koordination anlaufen. Die Verwertung der Namensrechte wird uns und der Stadt gemeinsam voraussichtlich zusätzliche Einnahmen in der Größenordnung einer siebenstelligen Summe jährlich bringen, ein Teil davon wird in die Sportförderung Leipzigs, insbesondere die Fußballförderung, fließen. Ich gehe heute davon aus, dass mit entsprechender Förderung der Leipziger Fußball das Potenzial hat, bald in die zweite Bundesliga aufzusteigen. Ich weiß sehr wohl, dass diese Prognose von manchen – auch in diesem Raum – skeptisch gesehen wird. Ich kann dieser Skepsis nur entgegensetzen, dass Investoren langfristig denken müssen und dass es genügend Beispiele dafür gibt, dass sich solche Prozesse manchmal ganz schnell entwickeln. Das bedingt jedoch auch adäquate Mitspracherechte beim Management und der Mittelverwendung des geförderten Leipziger Fußballclubs, um potenziellen Fehlentwicklungen frühzeitig vorzubeugen.
Lassen Sie uns nun über den zweiten Fragenkomplex sprechen, nämlich über den Stand der Abschluss-Bauarbeiten unseres Stadions, seiner Gebäude und insbesondere den FIFA-Maßnahmen: Sämtliche Bauarbeiten sind im Endspurt zur Fertigstellung. Auch mit dem Ausbau des Hauptgebäudes liegen wir völlig im Zeit-Plan. Diese Leistung halte ich schon deswegen für erwähnenswert, weil sich die Raumanforderungen der FIFA seit vergangenem Jahr mehr als verdoppelt haben. Auch den Sonderanforderungen der FIFA zum Confederations Cup werden wir in allen Punkten gerecht, wobei dies eine beachtliche Management-Leistung ist, wenn man Geschwindigkeit und Ausmaß der FIFA-Änderungswünsche der letzten Wochen sieht. Der FIFA geht es in erster Linie um – und ich meine wörtlich, was ich jetzt sage – 200-prozentige Sicherheit bei allen technischen Einrichtungen. Wir sind daher gerade dabei, in vier Bereichen Zusatzinstallationen vorzunehmen:
  1. Wir installieren Ersatz-Generatoren, um gegen jeden möglichen Stromausfall gewappnet zu sein (daneben werden die Stadtwerke Leipzig für alle Fälle zusätzlich verfügbare Elektrizitäts-Kapazitäten während des Confederations Cups vorhalten).
  2. Alle IT-Versorgungsleitungen zum Stadion, im Stadion und im Hauptgebäude müssen doppelt vorhanden sein. Die Zweitleitungen werden ebenfalls gerade installiert, was erhebliche Mehraufwendungen sind.
  3. Besonders viel Verständnis habe ich für eine Maßnahme, die unmittelbar die Medien, also Sie, betrifft: Die IT- und TV-Versorgung der Medienbereiche im Stadion wie auch im Bereich der TV- und Broadcast-Übertragungswägen vor dem Stadion (der Brasilia-ner, Griechen, Engländer, Japaner, etc.; ca. 15 Trucks) müssen durch Zusatz-Installationen und Ausweichkanäle gegen jedem möglichen Ausfall geschützt sein, damit die über 10 Kameras garantiert störungsfrei senden können.
  4. Schließlich sind wir dabei, das ganze Stadion-Areal mit modernster Internet-Telefonie auszustatten, die autonom von allen anderen Netzen arbeiten kann, gleichzeitig je-doch über ausreichende Schnittstellen in das öffentliche Telefonnetz verfügt.
Damit haben wir bald die technische Sicherheit eines Großraumflugzeuges erlangt. Bei all diesen neuen, außerordentlichen Anforderungen müssen wir auch das im letzten Jahr verabschiedete Kosten-Budget einhalten, und ich bin sehr zuversichtlich - und auch ein bisschen stolz - dass wir es einhalten werden, was heutzutage bei Bauprojekten eher die Ausnahme denn die Regel ist. Die Stadt ist mit über 400 000 Euro bei den Medienkosten für den Confederations Cup beteiligt. Schließlich hat die Tatsache, dass ich als Investor der Stadt erhalten bleibe, die Frage aufgeworfen, was sich jetzt in der grundsätzlichen Planung ändert und was nicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich für Kontinuität, Verlässlichkeit und unser Fußball-Engagement stehe - und das ist nicht bei jedem Investor so, geht es hier doch in aller erster Linie um ein „Fußball“-Stadion und nicht um ein „Event-Stadion“. Wir wollen daher in enger und konstruktiver Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig folgenden 5-Punkte-Plan konsequent umsetzen:
  1. Die Optimierung der Auslastung aller Anlagen insbesondere durch Sport, wobei aus Wirtschaftlichkeitsgründen in der hervorragend laufenden Mehrzweckhalle ARENA LEIPZIG auch Konzert- und Event-Veranstaltungen stattfinden werden, damit sich das Haus rechnet. Die ARENA wird vom Leipziger Publikum sehr gut angenommen und ist ein Magnet für ganz Ostdeutschland.
  2. Ergänzung der Auslastung durch Konzertveranstaltungen und andere Unterhaltungs-Events mit verschiedenen führenden Veranstaltern, um das Veranstaltungsangebot für Leipzig zu optimieren. Dazu werden wir unsere Mannschaft noch weiter ausbauen.
  3. Förderung des Leipziger Fußballs durch ein Engagement, das derzeit verhandelt wird und einen Leipziger Fußballverein sehr schnell hochklassig werden lassen soll. Dabei müssen wir auch über die Frage diskutieren, wie die Führung des Vereins optimal gestaltet werden kann, denn wir wissen ja alle, dass nur die wirklich gut geführten Vereine auch erfolgreich sind.
  4. Weitere Förderung von Spitzensportarten wie z.B. Hallenhandball und Volleyball für die Region Leipzig.
  5. Fortsetzung des stringenten und professionellen Betreiber- und Kostenmanagements, damit das Sportforum auch weiterhin solide bewirtschaftet ist.
Soviel zu den aktuellen Entwicklungen. Meine Kollegen – Herr Lonzen als Leiter des Bereichs „Betrieb“ und Herr Dr. Schlörb als Leiter des Bereichs „Bau“ – und ich stehen Ihnen nun gerne für die Beantwortung Ihrer Fragen zur Verfügung.